Kajalstifte und flotte Autos

Der örtliche Volvo-Händler in Glinde macht offenbar gute Geschäfte mit bestimmten Firmen, denn für so manchen Mitarbeiter gibt es einen Hol- und Bringservice, wenn die Schweden-Autos mal zur Inspektion oder zur Reparatur müssen. Für diesen Service engagiert "Auto Nova", Vertragshändler von Volvo in Glinde, Taxifahrer, die den Werkstattwagen zum Kunden bringen und dessen Auto holen.

Vor einigen Tagen hatte ich zum ersten Mal das Vergnügen, gleich eine ganze Modellpalette der Schweden durch Hamburg zu fahren.

Auftrag 1: "H & M" in der Spitaler Straße. Dort ist offensichtlich die Hauptverwaltung der Modekette und einige der hochrangigen Mitarbeiter fahren eben Volvo.
Ich übernahm bei "Auto Nova" einen C30, fuhr ins City-Parkhaus in der Rosenstraße und schrieb mir Stellplatz und Parkdeck auf. So wurde es mir vorher erklärt. Zu "H&M" sind es über den Getrudenkirchhof nur gut 150 Meter. Ich klingelte und gelangte in den Hausflur der Hausnummer 39 mit seinen Fahrstühlen. "H&M" residierte in der 6. Etage. Der Aufzug kam, die Tür öffnete und heraus kam ein gut gekleideter junger Mann mit modischem Haarschnitt ein ein wenig zu weichen Bewegungen und Augenaufschlag... Na? Wo war ich hier gelandet?

Im 6. Stock saßen hinter dem Empfangstresen eine junge Frau und ein nicht mehr ganz so junger Mann mit sehr wenigen Haaren. Sein Augenaufschlag ähnelte dem des Jungen bei den Fahrstühlen... Mir wurde langsam warm.
Ich übergab Schlüssel und Parkkarte des Werkstattautos und erhielt den Schlüssel des abzuholenden Wagens. Ein XC60. Hmmm. Klang flott. Ich freute mich auf die Rückfahrt.
Aber was, zum Teufel, war mit dem Gesicht des "Empfangschef" los? Dann fiel es mir auf: er war GESCHMINKT! Die Wimpern getuscht und oberhalb der Augen waren zweifelsohne Lidstriche zu sehen! Brrr.. Mir wurde es zu eng hier. Das war nicht meine Welt.

Im Parkhaus fand ich schnell den XC60, schloß auf und suchte nach der Parkkarte. Nachdem der Eigentümer ganz offensichtlich ein Dauerparker war, musste es so etwas doch hier im Auto geben. Oder wie kam er sonst hinaus? Dann fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren: ich brauchte die Parkkarte, mit der ich den Werkstattwagen geparkt hatte, um mit DIESEM Auto wieder heraus zu kommen! Denn die Dauerparker-Karte hatte der Kunde - natürlich - immer bei sich und nicht im Auto liegen... Wie naiv war ich denn gewesen??
Also nochmals zurück zu den Kajalstift-Jungs, die Parkkarte wiedergeholt und dann ging´s endlich Richtung Autohaus. Wenn auch mein Blick zuerst einmal - schon wieder - eine Warnung der Bordelektronik entdeckten:


Ich beschloß, das zu ignorieren. Nach Glinde waren es gut 20 km, das sollte also reichen. Um den Sprit sollten sich die Jungs von "Auto Nova" kümmern.

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Auftrag 2: Rungedamm, Hamburg-Moorfleet

Kaum saß ich wieder in meinem Taxi, rief die Kollegin aus der Zentrale an. Es gäbe einen weiteren Auftrag der Autofirma. Da ich schon mal oder noch vor der Tür stand, ging ich wieder hinein und übernahm erneut einen C30, um diesen - wie schon zuvor - dem Kunden zu bringen. Dieses Mal war es ein besonders "unauffälliges" Exemplar:


Scheußlich.

Das "H&M"-Auslieferungswerk in HH-Moorfleet fand ich problemlos und parkte den Wagen auf einem großen Parkplatz. Ein Drehkreuz versperrte mir zunächst den Eingang zum Werksgelände, aber der Empfang öffnete auf mein Klingeln. Gut 200 Meter Fußweg zum Haupteingang, dann stand ich in einer sehr repräsentativen Empfangshalle. Die Dame am Tresen wusste Bescheid, gab mir den Schlüssel des Kundenautos und wünschte mir eine gute Fahrt. Ähh.. Moment mal!

  • "Wo steht denn das Auto?" wollte ich wissen
  • "Auf dem Parkplatz."

  • "Danke, aber der ist riesig! Dort parken sicher gut 500 Autos!"
  • "Tja, äh, tut mir leid, aber ich habe keine Informationen."
Zumindest hatte ich das Modell: ein XC70. So viele standen dort wohl nicht. Trotzdem.. Das war reichlich unprofessionell. Als ich am Drehkreuz ankam, dachte ich, meinen Augen nicht trauen zu können: 


Münzen? Die Dame am Empfang hatte vergessen, mir eine Münze zum Verlassen des Geländes mitzugeben...--((. Ich stapfte zurück, drückte die Drehtür auf, ging auf sie zu und sah, wie sie innerhalb einer Sekunde völlig den Gesichtsausdruck änderte:
  • "Hallo! Kann ich noch etwas für Sie... Ach Gott, nein, ich habe die Münze vergessen!"
Langsam war ich so genervt, daß ich kein Wort sagte, sondern nur die Münze nahm und verschwand. Ich fand das Auto - nach knapp 10 Minuten. In der LETZTEN Reihe. 

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